"So fordert auch die Musik sehr viel Bildung, eben weil nur allmählich und durch Übung der Geist so viele und mannigfaltige Töne zugleich und schnell nacheinander fassen und kombinieren lernt." Fußnote1
Man wird sich fragen, was dieses Zitat von Arthur Schopenhauer am Beginn einer wissenschaftlichen Zulassungsarbeit für das Lehramt an Gymnasien über die Geschichte der Blasmusik zu suchen hat. Betrachtet man jedoch die Stellung der Blasmusik im musikpolitischen Gefüge und ihren Anteil am kulturellen Leben außerhalb der Großstädte, insbesondere bei der Jugend, so wird man feststellen, daß ihr eine viel größere Bedeutung geschenkt werden müßte.
Dieser Beitrag untersucht nun die historische Entwicklung der Blasmusik speziell in der Zwischenkriegszeit. Nach einer statistischen Erhebung der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung aus dem Jahre 1980 sind 4,8% der Bevölkerung Baden-Württembergs Mitglied in einem Musikverein. Fußnote2
Läßt man die passiven Mitglieder außer Betracht, so verbleiben allein in Baden-Württemberg ca. 130 000 aktive Musiker, von denen 52 000 unter 25 Jahren sind. Daneben befinden sich weitere 35 000 Jugendliche in Ausbildung auf einem Instrument und werden damit zum Mitspiel in der Kapelle oder in einer Jungbläsergruppe vorbereitet. Dies sind Zahlen, die nicht unterschätzt werden dürfen. Zeigen sie doch, wie groß das Interesse am Blasinstrument ist.
Diese Entwicklung stellte schon Rudolf Holle fest als er 1958 schrieb: "Die Möglichkeit, in der Blasmusik zu einem eigenen instrumentalen Musizieren zu kommen, fand mehr Freunde und Förderer als es die allgemeine Lage und der Gang der Entwicklung des kulturellen Lebens erwarten ließen. Hinzu kam noch ein zweites Moment, das für die zukünftige Entwicklung Gutes hoffen läßt: Offenbar fühlt sich die Jugend durch das Blasinstrument besonders angesprochen" Fußnote3
Der Volkskundler Herbert Schwedt, Mainz, macht die Bedeutung der Vereine im ländlichen Raum dafür verantwortlich, "daß trotzdem viele unserer Dörfer nicht zu reinen Schlafsiedlungen geworden sind" Fußnote4
obwohl die Beschäftigung der Einwohner oftmals in benachbarten Städten ausgeübt wird. Und besonders für die Jugendlichen "sind diese Aktivitäten eben das, was das Leben in ihrem Dorf lebenswert macht, was für sie Heimat bedeutet und ein Stück Selbstverwirklichung. Mit einem Wort: sie machen sich ihre Kultur selbst" Fußnote5
Dieses instrumentale Laienmusizieren, das in Vereinsgemeinschaft geschieht, bzw. zur Gemeinschaft führt und damit wirksam den heutigen Tendenzen zur Isolierung einerseits und Vermassung andrerseits entgegensteht, sollte deshalb besonders behütet und betreut werden. Denn es dürfte leicht einsehbar sein, "daß das instrumentale Laienmusizieren durch eine aktive Aneignung von Musik wie eh und je von der breiten Schicht aufnahmebereiter Musikfreunde die entscheidende Brücke schlägt zu der kleinen Gruppe der Berufsmusiker. Als ein durch aktives Musizieren vorgebildeter Hörer ist der Laienmusiker in besonderem Maße dazu berufen, eine Wechselwirkung zwischen diesen beiden Eckpfeilern des Musiklebens zu fördern." Fußnote6
Wie sieht es aber nun im Blasmusikwesen aus?
Lediglich 2% aller Dirigenten üben ihre Tätigkeit hauptberuflich aus und ca. 20% haben eine Vorbildung an einer Musikhochschule oder Pädagogischen Hochschule, d.h. Blasmusik ist, nicht nur was Musiker sondern auch Dirigenten angeht, größtenteils reine Amateurmusik. Etwa die Hälfte der "Zöglinge" - um im Sprachgebrauch der Musikvereine zu bleiben - werden jedoch vom Dirigenten ausgebildet. Ein weiteres Drittel wird von Spielern der Kapelle nach dem Lehrlingsprinzip auf den Instrumenten unterwiesen. Wirkliche Fachkräfte in Form von freien Musiklehrern und Musikschullehrern haben dagegen mit ca. 18% keinen großen Anteil an der Ausbildung des Nachwuchses.
Nun stellen die Musikvereine aber eine wertvolle Quelle junger Musiker dar und da, wie anfangs angedeutet, "die Musik sehr viel Bildung" fordert, verdient es die Blasmusik, vor allem auch auf den Gebieten Komposition und Leitung von Blasorchestern, ausbildungsmäßig besser erfasst zu werden.
Noch an keiner Musikhochschule der Bundesrepublik Deutschland gibt es die Studienrichtung Blasorchester (zum Vergleich: in unserem Nachbarland Holland werden an 9 Musikausbildungsstätten Blasorchesterdirigenten ausgebildet mit dem Erfolg, "daß das Niveau der Blasorchester in diesem Land den qualitativ höchsten europäischen Stand einnimmt." Fußnote7
Einen ebenso hohen Qualitätsstand besitzen die Brassensembles in England und Belgien, und in Graz, Österreich, wurde an der Musikhochschule eine Abteilung Blasorchester eingerichtet.) Allein die Bundesakademie Trossingen bietet berufsbegleitende zweijährige Lehrgänge, gegliedert in 6 einwöchige Akademiephasen, an. (Aber eben wieder für Amateure.)
Daß aber die Komposition und vor allem Instrumentation für Blasorchester bzw. Blasinstrumente überhaupt ein sehr komplexes eigenständiges Gebiet darstellt, das es verdient, gesondert gelehrt zu werden, zeigen folgende Äußerungen:
In Mozarts Brief an seinen Vater vom 20. Juli 1782, in dem er die Gedanken trägt, seine "Entführung" für Harmoniemusik zu setzen, Fußnote8 ist zu lesen:
"sie glauben nicht, wie schwer es ist so was auf die harmonie zu setzen - daß es den blaßinstrumenten eigen ist, und dabey nichts von der Wirkung verloren geht"
Ebenso Johannes Brahms, der Bearbeitungen kritisch gegenüberstand: "So sehen sie nicht ein, daß ein gutes vierhändiges Stück nicht auf Kommando auch was gutes anderes werden kann. Gelegentlich machts einer - aber es ist ja auch ganz neue Sitte, daß jede Lumperei gleich in allen möglichen und unmöglichen Bearbeitungen da sein muß. (...) Die Akademische Festouvertüre op 80 empfehle ich Ihnen aber für Militärmusik setzen zu lassen. Das lockt mich selbst, wenn ich nur genauer damit Bescheid wüßte." Fußnote9
Auch betätigte sich N. Rimsky-Korsakoff außer seinen Kompositionen für Posaune und Blasorchester B-Dur 1877, Oboe und Blasorchester g-moll 1878, sowie Klarinette und Blasorchester Es-Dur 1878 an der Instrumentation selbst, sowie zwischen 1873 und 1883 an folgenden Werken: Fußnote10
Meyerbeer |
Krönungsmarsch aus Der Prophet Isabellas Arie aus Robert der Teufel Verschwörungsszene aus Die Hugenotten |
Schubert | Marsch h-moll |
Wagner | Vorspiel zu Lohengrin |
Mendelssohn | Nocturne und Hochzeitsmarsch aus Mittsommernachtstraum |
Beethoven | Egmont Ouvertüre |
Wenn nun in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen mit Einführung der technischen Medien Radio und Schallplatte, wobei letztere eine Perfektion entstehen ließ, die - weil überall als Vergleichsbeispiel heranziehbar - es den Laien schwermachte, Selbstbestätigung und Anerkennung zu finden, die Amateurmusiker auf andere Gebiete ausgewichen sind, so ist dies nicht verwunderlich.
Damit stellt sich dem Musikerzieher die Aufgabe:
"Er muß neue Voraussetzungen für das Laienmusizieren schaffen und dem Laien wieder Mut machen, daß er sich neben der Perfektion zu behaupten wagt."Fußnote12
Im Namen des Königs!Bei der großen Verschiedenheit, welche in Hinsicht auf das Musikgewerbe und dem damit verbundenen Aufspielen bei Hochzeiten, Tänzen und anderen Volksbelustigungen und festlichen Gelegenheiten in den verschiedenen Teilen des Königreichs stattgefunden, hat man sich veranlaßt gesehen, hierüber eine ins ganze gehende Anordnung zu treffen und folgende Bestimmung festzusetzen: 1. Wo eine eigene Stadt-Musici oder Stadt- und Amts-Zinkenisten bereits angestellt sind, verbleibe es noch ferner bei der bisherigen Einrichtung. 2. Auch in anderen Oberämtern, wo noch keine Zinkenisten oder kein unter einem anderen Titel zu Versehung der musikalischen Funktionen angestellter Commun-Officiant sich befinder, hängt es von dem Bedürfnis der Oberamts-Stadt und den damit verbundenen Amts-Orten ab, einen oder mehrere Oberamts- oder Stadt-Musices aufzustellen, welche nicht nur bei den Kirchen Musikdienste zu leisten, sondern auch das Publikum mit Aufspielen zu bedienen haben. 3. Die Bestellung der Zinkenisten und Stadt- und Amtsmusiker geschieht durch Stadtmagistrate oder Stadt- und Amtsvorsteher mit Genehmigung der Landvogtei. 4. Es sind dazu nur solche Männer zu wählen, welche teils durch gute Aufführung sich auszeichnen, teils auf ihre fertigkeit in der Tonkunst durch eine von der Bestellungs-Behörde mit Zuziehung eines vorzüglichen Musikkenners vorzunehmende Prüfung oder auch durch Zeugnisse kompetenter Behörden hinlänglich erwiesen haben; unter gleich vorteilhaften Eigenschaften haben diejenigen, die beim K. Militär gedient haben, den Vorzug. 5. Außer dem auf solche Art aufgestellten Zinkenisten und Musikern hat in der regel kein anderer gemeiner Spielmann das Recht, bei Hochzeiten, Tänzen und Lustbarkeiten aufzuspielen. Dieselben sind aber verbunden, die in dem Bezirk angesessenen Spielleute vor andern als Gehilfen zu gebrauchen und ihnen dafür eine oberamtlich zu bestimmende Belohnung zu geben. 6. Die Zahl der anzunehmenden Gehilfen und Lehrlinge hängt von eines jeden Convenienz ab. 7. Es wird der Willkür eines jeden überlassen, ob er es angemessen findet, mit der Stuttgarter Zinkenisten-Zunft in Verbindung zu treten. 8. Zwischen den ausgeteilten Zinkenisten und Musikern findet in dem Maße eine Conkurrenz statt, daß der in einem Oberamt angestellte auch in dem fremden Bezirk, wenn er dafür berufen wird, aufspielen darf; doch ist keinem erlaubt, sich selbst anzutragen oder aufzudringen, viel weniger zu Betreibung des Musikgewerbes auf dem Lande herumzuziehen. 9. Den an einzelnen Orten befindlichen Musik-Liebhabern ist noch ferner unbenommen, an der Kirchen-Musik teilzunehmen. 10. Gemeinspielleute erhalten von der Landvogtei Hausier-Erlaubnisscheine für Kirchweihen und Märkte in ihrem Bezirk. 11. Die ausländischen, gemeinen Spielleut sind im Königreich nicht zu dulden, sondern gleich an den Grenzen zurückzuweisen" |
Auch um die Mitte des Jahrhunderts gelten noch Bestimmungen folgender Art:
§ 7 der Satzung der SHW-Bergkapelle Wasseralfingen 1850:
"Beteiligt sich aber ein Bergmusiker ohne Auftrag des Kapellmeisters bei irgend einer Musikaufführung, so wird er erstmals um 2 fl., im Wiederholungsfällen um 4 fl. bestraft." Fußnote17
Weiter ist in der Stadtchronik von Saulgau zu lesen: "l. Oktober 1852: Mehrere Mitglieder der städtischen Musik machen auf eigene Faust ohne Direktor in den Wirtschaften Musik; die Einwohnerschaft beschwert sich und der Rat untersagt es ihnen." Fußnote18
Durch diese strenge Ordnung, die kleineren Besetzungen der Stadtmusikkapellen und vor allem deren Hinwendung auf funktionelle Musik d.h. Gestaltung und Mitwirkung bei Festen und Feierlichkeiten weltlicher und geistlicher Art, wurden die Neuerungen im Instrumentenbau vor allem von den militärischen Kapellen ausgenutzt, die durch unterhaltende und konzertante Veranstaltungen rasch an Beliebtheit gewannen. "Was die Militärkapellen betrifft, so mußte man es böswillig darauf abgesehen haben, nicht wenigstens einige von ihnen zu hören, da sie zu jeder Tageszeit durch die Straßen Berlins ziehen," Fußnote19 berichtet Berlioz von seiner ersten Reise nach Deutschland 1841/42.
Ein enormer Aufschwung der Militärkapellen war die Folge und fand einen Höhepunkt mit der Teilnahme des Orchesters der preußischen Garde beim Militärmusikstreit anläßlich der Weltausstellung 1867 in Paris.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts lockerten sich nun die Bestimmungen. Während bei konzertanten Veranstaltungen "die Zivilmusikerschaft es auch damals nicht vermocht hat, mit konkurrenzfähigen Kapellen zum Wettbewerb anzutreten" Fußnote20
teilten sich nun die Militärkapellen in kleine Gruppen auf und begannen bei festlichen Veranstaltungen, Tanz u.a. zu spielen, so daß in dieser Form ein äußerst starker Konkurrenzkampf zwischen militärischen und zivilen Kapellen entstand.
Hochzeiten und Kirchweihen waren bevorzugte Veranstaltungen. "Meistens kam es vor, daß so ein Fest bis zum Morgen mit Musik andauerte. Oft reichte es dann nicht einmal bis zum kurzen Schlaf, denn die Musiker mußten ihre Musikinstrumente auf den Rücken nehmen und weiter marschieren, damit man pünktlich am vereinbarten Ort eintraf." Fußnote21 (um 1900). Um die Chancengleichheit im Musikgewerbe zu erhalten, ist "verfügt worden, daß Militärmusiker nur dann Militärfahrkarten zu verabfolgen sind, wenn sie nicht zu Erwerbszwecken die Eisenbahn benutzen (...), da die nunmehr in Fortfall gekommenen Ermäßigungen der Fahrpreise es den Militärkapellen möglich machten, auch in ferngelegenen Orten zu konzertieren, während die Zivilmusik aus Anlaß der hohen Fahrtkosten darauf verzichten mußte." Fußnote22
Kaum ein Band dieser Musikerzeitung aus dem Jahre 1913 ist ohne einen Artikel über die starken Konkurrenzauswirkungen. "Welcher Zivilmusiker kann heute noch sagen, daß er nicht zu leiden hat unter der Konkurrenz der Militärmusiker? Derjenige welcher dies behauptet, lügt. Fußnote23 Bis auf allerhöchste Ebene wurde dieses Problem diskutiert. So ist in einem Bericht 1914 über eine Debatte im Reichstag über den Militäretat unter dem Gesichtspunkt der Schädigung des Zivilmusikerstandes durch die Militärkapellen zu lesen. "Die Einschränkung des ganzen kleingewerblichen Betriebes der Militärmusiker ist übrigens durch die allgemeinen Bestimmungen, die für Preußen am 26. Juni 1909 erlassen worden sind in den Bundesstaaten bestehen ähnliche zum Teil bereits vorgesehen."Fußnote24
In SMZ 1914 Nr. 11-13 ist von dieser 253. Sitzung des Reichstages am 9. Mai ein stenographischer Bericht abgedruckt. Diesen Zustand gilt es zu beachten, wenn man die Entwicklung, die nach dem 1. Weltkriege dann einsetzte, verstehen will.
Man wird sich nun fragen, was mit diesem wahren Heer von Musikern geschah, und wird feststellen können, daß diese 12 000 Musiker, sofern sie sich nicht unter den Kriegsopfern befanden, einfach und kurzerhand entlassen wurden. "Entsprechend der Verfügung vom 08.07.1919 sind die Musikkorps zusammenzustellen. Bestände der alten Korps werden übernommen. Alle nicht planmäßigen Musikabteilungen sind aufzulösen." Fußnote27 Aber nicht nur Musiker, auch Kapellmeister wurden entlassen. ,,Die durch die Heeresverminderung überzählig gewordenen Obermusikmeister und Musikmeister wurden entlassen." Fußnote28
Nach welchen Gesichtspunkten die Auswahl erfolgte zeigen untenstehende Verfügungen:
Generalkommando XIX A.R. Nr. 60 401 IIb v. 14.9.1919 Auswahl der Musikmeister für die Reichswehr pp.Dresden, 11.9.19. Nr. 16134 I B. 1. Die Auswahl der Musikmeister für die Reichswehr soll durch eine Kommission getroffen werden. Zu dieser Kommission stellt das Reichswehrkommando 1 Offizier als Vorsitzenden, die beiden Generalmkommandos je 1 Offizier, alle drei Dienststellen je 1 Musikmeister, der Bund der aktiven Unteroffiziere einen Vertreter. Die notwendigen Unterlagen für die Wahl (Personalpapiere, Beurteilungen) werden durch einen Vertreter des Kriegsministeriums vorgelegt werden. Die Auswahl der Musikmeister für die Reichswehr soll nach folgenden Gesichtspunkten erfolgen:
2. Bewährung, 3. Felddienstfähigkeit, 4. mittleres Lebensalter (41 55 Jahre). Die Kommission tritt am 16.9. 12 Uhr mittags im Schloß in Dresden, Beratungszimmer zusammen. Sie legt das Ergebnis ihrer Beratungen in einem Protokoll der Abteilung I vor, die mir darüber Vortrag hält. 2. Die Zusammenstellung der Kapellen hat durch das Reichswehrkommando im Einvernehmen mit den Generalkommandos zu erfolgen. Es sind in erster Linie die Militärmusiker zu berücksichtigen, die bei der Reichswehr noch Dienst tun. 3. Mit Nr. 4839 II C war das Reichswehrkommando am 18.8.19 aufgefordert worden, den etwaigen Bedarf an Musikinstrumenten und Noten anzuzeigen. Die Feststellung des Bedarfs (hauptsächlich an Noten) wird jedoch mit Schwierigkeiten verbunden sein. Es wird daher angeordnet, daß von den zum Übertritt in die Reichswehr bestimmten Musikmeistern bei den Abwicklungsstellen ihrer Friedenstruppenteile die erforderlichen Instrumente und Noten ausgewählt und alsdann den betr. Reichswehrtruppen überwiesen werden. Soweit der Bedarf auf diesem Wege nicht gedeckt werden kann, haben die Generalkommandos andere Abwicklungsstellen zur Hergabe der noch nötigen Stücke zu veranlassen. Der alsdann verbliebene Rest an Noten und Instrumenten ist behufs Freigabe an das Reichsverwertungsamt bis 25. d. M. hierher anzuzeigen. Frhr. v. Oldershausen Abdruck zur Kenntnis.
Der Chef des Generalstabes J.B. Bahrdt |
Nr. 66887 IIb v. 26.10.19 Zuteilung der Musikmeister an die ReichswehrtruppenteileZu Rwkdo. 1286 Iib v. 22.9.19 Pkt. 1. Dresden, 18.10.19 Nr. 1692 IIb Die gemäß Reichswehrbefehlsstelle Sachsen Nr. 16621 I B vom 18.9.19 dem Reichswehrkommando zur Besetzung der etatsmäßigen Musikmeisterstellen in der reichswehr namhaft gemachten Musikmeister werden, wie folgt, den Reichswehrtruppen zugeteilt:
Sollte einer dieser Musikmeister nicht bereit sein, die betr. Stelle zu übernehmen, so ist dies von den Brigaden zu melden, Zuteilung eines Ersatzmannes erfolgt sodann durch das Reichswehrkommando. Müller Zusatz des Abwicklungsamtes: Abdruck zur Kenntnis und weiteren Veranlassung. Aus dem Bereiche des ehemaligen XIX A.K. kommen in Frage:
Bahrdt, Major. |
Diese Musiker drängten nun, wie zahlreiche Chroniken berichten, durch ihre Erfahrung bedingt, größtenteils als Dirigenten auf das zivile Blasmusikgebiet. Dies und der große Bedarf an Kapellen hatte zur Folge, daß nun eine Welle von Neugründungen einsetzte und nach der statistischen Erhebung von Trossingen liegt in Württemberg, dem Saarland und Rheinland-Pfalz tatsächlich der stärkste Zuwachs an Neugründungen mit etwa einem Drittel aller bestehenden Vereine zwischen den beiden Weltkriegen.
Eine regionale Untersuchung von Ludwig Blank über die Gründungsdaten der Blasorchester im Kreisverband Ostalb des Blasmusikverbandes Baden-Württemberg läßt trotz ihrer regionalen Beschränkung diese Entwicklung sehr deutlich erkennen. Fußnote29
Dabei bemerkt man eine starke Konzentration der Neugründungen auf die 20er Jahre:
Fördernd für diese Neugründungen erwies sich der nunmehr ,,freie Markt", d.h. durch die Reduzierung der Militärmusik stand der zivilen Musikerschaft ein breites Betätigungsfeld offen.
Überhaupt wurde der Laienmusik in dieser Zeit überaus große Aufmerksamkeit geschenkt. Aus den ab 1922 abgehaltenen Finkensteiner Singwochen bildete sich 1924 der Finkensteiner Bund. Die große Zeit des Fritz Jöde beginnt, mit seiner Berufung als Professor und Leiter des Seminars für Volks- und Jugendmusik nach Berlin und seiner Errichtung von Musikschulen für Jugend und Volk. Auch diese Jugendmusikbewegung setzte sich für die Blasinstrumente ein. "Gerade auch die Musik der Gegenwart, in ihrer mechanischen Präzision, in ihrer konsequenten Linearität, in ihrer elastischen Sprunghaftigkeit der Intervalle, fordert das Blasinstrument. In Orchester und Kammermusik übernimmt es die führende Rolle. Für eine zeitgenössische Laienmusik wäre es ganz besonders geeignet." Fußnote30
Allerdings hatte diese "mechanische Präzision" der Musik Folgen: "Die riesenhafte Steigerung der technischen Anforderungen in der gesamten Musik der Neuzeit hatte es nahezu unmöglich gemacht, daß Liebhaber die Kammermusik der Gegenwart ausführten. So kam man auf den Ausweg, eine selbständige Liebhabermusik zu schaffen. (...) In Deutschland fanden sich viele Musikliebhaber dieser Art, die in dem 1933 gegründeten ,Arbeitskreis für Hausmusik' einen Sammel- und Treffpunkt fanden." Fußnote31
Für diese Liebhaber fanden sich etliche Komponisten bereit, spezielle Werke zu schaffen.
Man erkannte, daß der Weg des eigenen Musizierens am sichersten zum Verständnis der zeitgenössischen Musik führt, (vgl. dazu das Zitat zu Beginn der Arbeit) und begann den Musikunterricht neu aufzubauen. Es wurde versucht, technisch leicht ausführbare Stücke zu schreiben. Dazu zählen die "Fünftonstücke" Strawinskys, die in ,Das neue Klavierbuch', Mainz, 1928 veröffentlicht wurden. Ebenso die verschiedenen Stücke Hindemiths, der sich eifrig dieser neuen Art der Musik widmete: Kanons für zwei und drei Violinen, Stücke für Streichorchester, auch mit Bläsern (Plöner Musiktag 1932), Lieder für Singkreise 1927, die Kinderoper ,,Wir bauen eine Stadt" 1930.
Bartok schrieb 44 Duos für zwei Violinen, Wien 1933, und die sechs Bände seines Mikrokosmos (1927-1936) für Klavier.
Diese Laienbewegung war so stark, daß 1932 in Deutschland der Caecilientag (21. November) zum ,,Tag der Hausmusik" erklärt wurde. Es ist nur verständlich, wenn nun auch die Blasmusik ihren Anteil an dieser Entwicklung forderte.
Zu diesem Zweck wurden für die damals rund 6 250 Blaskapellen in den renommierten Verlagen eigene Sammlungen und Reihen eingerichtet, die bis 1941 folgenden Stand erreichten: Fußnote32
Werke | Verlag | ersch./ in Vorb. |
Frisch geblasen | Vieweg-Verlag | 19 / 4 |
Die Platzmusik | Kistner & Siegel | 10 / 2 |
Die Musikkameradschaft | Litolffs | 8 / |
Das Bläserspiel | Erdmann & Co | 4 / 3 |
Blasmusik f. Fest u. Feier | Schott | 3 / 3 |
Festliche Musik | Bärenreiter | 4 / 3 |
Lieder der Deutschen | Bärenreiter | 4 / |
Der Marsch | Bärenreiter | 3 / |
Daneben existierten selbstverständlich weitere Verlage, die meist als Eigenverlag des Komponisten sich nur auf Blasmusik spezialisierten und unzählige Werke erscheinen ließen.
So z.B.
Auch im Blasmusikwesen hatte man sich in Verbänden organisiert, die nun einen großen Teil der Entwicklung bestimmten. Im Gegensatz jedoch zu den Sängervereinigungen geschahen diese Zusammenschlüsse relativ spät. Der älteste Blasmusikverband auf deutschem Boden, der Breisgau-Markgräfler Musikverband, konstituierte sich im Jahre 1892. Die weitere Entwicklung im badischen Raum, die abweichend von der württembergischen erfolgte, mag folgende Tabelle verdeutlichen:
Gründungsjahr | Musikverband |
1892 1893 1898 1904 1906 1920 1921 1922 1922 1925 1927 1928 1928 1932 1932 1952 1952 1956 1956 |
Breisgau-Markgräfler MV Höhgau badische u. württembergische Landkapellen Schwenningen Germanische MV Alemanische MV Mittelbadische MV Hochrhein MV Markgräfler MV Badische Bodensee MV Kinzigtal MV Hochschwarzwald Baden-Pfalz Acher- und Renchtal MV Hanauerland Hessischer MV Schwarzwald-Baar Vorspessart Odenwald Ortenau Rhein-Nahe |
In Baden entstanden demnach eigenständige Musikverbände, die sich lediglich 1926 in der Arbeitsgemeinschaft südwestdeutscher Musikvereine zusammenschlossen, was am 5. Dezember 1926 in Neustadt im Schwarzwald erfolgte. Der neugegründete Bund, der keine Kampforganisation sein wollte, denn die tariflichen Fragen blieben den Vereinen und Verbänden überlassen, hatte es sich zur Aufgabe gemacht, "die Musikkapellen der angeschlossenen Verbände kameradschaftlich einander näher zu bringen, das musikalische Arbeitsfeld derselben auf einheitlicher Grundlage zu erweitern und alle gemeinschaftlichen Belange mit Nachdruck zu vertreten." Fußnote33
Zu diesen Belangen zählten:
Zum Verbindungsorgan wurde die "Oberbadische Musikzeitung" (1924) bestimmt, die alle 14 Tage erscheinen sollte. Sie wechselte ihren Namen in "Bundeszeitung", als sich 1930 in Freiburg die anfangs lockere Arbeitsgemeinschaft in den "Bund Südwestdeutscher Musikvereine e.V." manifestierte.
Anders verlief dagegen die Entwicklung in Württemberg: Bedingt durch die Konkurrenz der Militärkapellen und dem wilden Durcheinander der finanziellen Entlohnungen der Volksmusiker fanden sich am 27. August 1911 im Gasthaus zur Eintracht in Aalen ca. 40 Männer im "Mittelschwäbischen Musikverband" zusammen, wobei folgende 4 Ideen einstimmig als Richtlinien festgelegt wurden: Fußnote34
Gleichzeitig wurde beschlossen, eine Musikerzeitung herauszugeben, die "Süddeutsche Musiker-Zeitung" (1911- 1935), deren Redaktion und Druck dem Schriftführer des Verbandes Karl Stierlin, Buchdruckereibesitzer in Aalen, übertragen wurde.
Wenige Wochen nach Gründung des "Mittelschwäbischen Musikverbandes" schloß sich ihm der "Mittelfränkische Musikverband" an.
Nun wurden Tarife festgesetzt, die Verbandsmitglieder erhielten durch Rechtsbeistände kostenlose Beratung und soziale Kassen wurden eingerichtet, die im Todesfalle den Hinterbliebenen der Musiker finanzielle Hilfe zukommen ließen. Desweiteren wurden Aufführungsrechte vom Verband er worben, um die Kapellen vor unliebsamen Überraschungen zu bewahren.
Am 13. - 15. Juli 1912 in Aalen und 1. - 3. August 1914 in Heidenheim wurden Verbandsmusikfeste abgehalten.
Die 1. Ausschußsitzung nach dem 1. Weltkrieg fand dann am 6. April 1919 im Hotel Bären in Stuttgart statt, die zur Bildung des ,,Süddeutschen Musikerverbandes" führte, der Kapellen, Vereine und Einzelmitglieder aus Baden, Württemberg und Bayern zusammenschloß.
Im Gegensatz zum Bund Südwestdeutscher Musikvereine, der ein Zusammenschluß autonomer Musikverbände darstellte, war der Süddeutsche Musikverband ein übergeordneter Verband, der sich in verschiedene Abteilungen gliederte: Baden, Bayern und Württemberg.
Diese Abteilungen wurden in verschiedene Bezirke aufgeteilt und zwar:
A. Württemberg | B. Bayern | C. Baden |
1. Stuttgart | Mittelfranken | Schwarzwald |
2. Rosenstein | Oberfranken | Bauland |
3. Donau | Unterfranken | Mittelbaden |
4. Lichtenstein | Niederbayern | übriges Baden |
5. Bietigheim | Oberbayern | |
6. Backnang (später Teck-Fils) | Oberpfalz | |
7. Mittlerer Enz | übriges Bayern | D. Deutschland |
8. Heilbronn | ||
9. Remstal übriges Württ. |
Später kamen noch hinzu:
10. Filder | Westschwaben | Hegau |
11. Oberschwaben | Amberg | Oberrhein |
12. Schwarzwald | Unterweser | Dreiländereck |
13. Zollern-Alb |
Es entwickelte sich eine rege Tätigkeit im Verband; im Geschäftsjahr 1925 wurden ca 3 000 Posteingänge und 5 000 Zusendungen allein beim Verbandsvorsitzenden registriert. Im Frühjahr 1921 wurde die Unterstützungskasse eingerichtet, die je nach Verbandszugehörigkeit 40, 60, 80 und bis zu 100 RM den Hinterbliebenen auszahlte.
Man erreichte, daß am 21. September 1925 der Süddeutsche Musikerverband als die berufene Vertretung der in ihm vereinigten Musiker vom württembergischen Arbeitsministerium anerkannt und somit dem Deutschen Musikerverband gleichgestellt wurde. Er wurde damit in Fragen, bezogen auf Lohn- und Arbeitsverhältnisse der Musikerschaft in Württemberg, gehört. Dies reduzierte sich jedoch nicht nur auf die Blas- und Volksmusik, sondern auf jegliche Art von Musiker, was sich auch darin zeigt, daß die Südeutsche Musikerzeitung neben der Rubrik "aus den Bezirken" auch allgemein musikalische Berichte und Themen enthält. Angefangen von Berichten über die Kulturszene in ganz Deutschland über Instrumentationslehren bis zur Harmonielehre. Die Schritte des Präsidenten an die württembergische Staatsregierung gegen die Ausübung der Musik durch Beamte waren ebenfalls erfolgreich und äußerten sich in den "Richtlinien über Musikausübung durch Reichsbeamte" vom 12. August l927 Fußnote35 (nicht wie bei Anna Merkle angegeben vom 23.2.1925), die Musikausübung gegen Entgelt nur erlaubt, wenn sie "in keinem Vierteljahr öfter als neunmal stattfindet." Fußnote36
Erstmals im Jahr 1925 erhielten die Mitglieder unentgeltlich als Jahresgabe den Süddeutschen Musikerkalender, ein Nachschlagewerk. Ebenso ist am 28. März 1925 bereits eine Anzeige in der Süddeutschen Musikerzeitung enthalten, in der G. Mahle MD a.D. Stuttgart speziell für Mitglieder des Süddeutschen Musikerverbandes einen Dirigentenkurs anbietet. Ab 1927 wurden dann Kurse vom Verband abgehalten. Im Bericht über das Geschäftsjahr 1926 ist vermerkt: "Nach längeren Verhandlungen ist es gelungen, mit dem Verband zum Schutze musikalischer Aufführungsrechte einen Vertrag abzuschließen, demzufolge die dem Süddeutschen Musikerverband angeschlossenen Kapellen durch ihre Mitgliedschaft besonderen Verpflichtungen gegenüber dem Verband zum Schutz musikalischer Aufführungsrechte enthoben sind und daher dem genannten Verbande keinen besonderen Tribut mehr zu leisten haben. (...) Der Vertrag ist am 1. Oktober 26 in Kraft getreten." Fußnote37
Zum selben Zwecke, Einsparung von Gebühren, wurde 1929 ein eigener Musikverlag gegründet, der sich mit Noten an seine Mitglieder und sonstige Musiker richtete. Dies wird auch ersichtlich aus dem Aufdruck in den Noten des Verlages: "Aufführungsrecht für die Mitglieder des Süddeutschen Musiker-Verbandes frei". Es war damals also bis zum neuen Gesetz über Vermittlung von Aufführungsrechten und dem Zusammenschluß der Musikschutzverbände im Jahre 1933 möglich, daß die Aufführungsrechte in den Händen verschiedener Verlage und Organisationen lagen.
Am 1. April 1930 folgte jedoch die Kündigung des Vertrages mit dem Verband zum Schutz musikalischer Aufführungsrechte. Fußnote38 Ein neuer wurde erst 1932 ausgehandelt. Fußnote39 Dieser vertragslose Zustand, verbunden mit dem Zusammenschluß der einzelnen Musikschutzverbände in der Stagma (Staatlich genehmigte Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Urheberrechte), führte dazu, daß nun, "nachdem sich die 3 Musikschutzverbände Gema, Genossenschaft deutscher Tonsetzer Berlin, Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger (AKM), Wien, zu einer Organisation zusammengefügt haben, die Sätze für Aufführungsrechte neu festgelegt wurden, die für die Kapellen untragbar sind." Fußnote40 Dies spiegelte sich in verschiedenen Chroniken der Musikvereine wieder: "Zunächst kam die Kapelle in permanente finanzielle Schwierigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Erlaß des Gesetzes über Vermittlung von Musikaufführungsrechten vom 4. Juli 1933 standen. Mit Verordnung vom 15. Februar 1934 war rückwirkend ab 1. Oktober 1933 der Stagma die alleinige gewerbsmäßige Vermittlung zur Aufführung von Werken der Tonkunst gestattet worden. (...) Während die Kapelle in den Jahren 1926 bis 1929 an ihre frühere Organisation als jährlichen Beitrag etwa 19 RM leistete und in den Jahren 1930 - 33 durchschnittlich 35 RM an den Allgäuer Musikverband entrichtet hatte, schnellte der Beitrag infolge der Eingliederung in die Stagma im Jahre 1934 auf 62 RM und für 1935 auf 87 RM hoch." Fußnote41 "Die Ausübung der Musik durch die Musikkapellen wurde von Gebühren abhängig gemacht, die fast untragbar waren, abgesehen davon, daß der Ausübung der Musik durch die Berufsmusiker unter Berufung auf das Reichsmusikkammergesetz die größten Schwierigkeiten gemacht wurden." Fußnote42 (Bericht über das Jahr 1935)
Nun stellt sich die Frage, warum die Kompositionen der Zwischenkriegszeit sich nicht im Repertoire der Kapellen wiederspiegeln (vgl. Tabelle S.69f), zumal "der amateurgerechte Zuschnitt der Stücke sowohl im instrumental-technischen wie im ausdrucksmäßigen Bereich" Fußnote43 dem doch entgegenkommen würde. Und wenn Suppan meint: "Doch dauerte es nochmals erstaunlich lange, bis die große Masse der Amateurblasmusikvereine in Stadt und Land den Sinn dieser neuen Entwicklung erfasste" Fußnote44 so ist es nicht verwunderlich, da doch der Verband, angesichts des Urheberrechtsgesetzes, aufruft "daß es wünschenswert wäre, wenn unsere Kapellen die alten Musikstücke von Komponisten ausgraben würden, die schon mehr als 30 Jahre tot sind und deren Aufführung durch das Urheberrecht nicht mehr geschützt sind."
Daß damit jedoch Probleme verbunden sind, wurde auch damals schon erkannt. "die Gefahr liegt vielmehr darin, ob wir nicht mitsamt unserem musikalischen Konservatismus so langsam von dem sich vorwärts entwickelnden Kunstgeschmack der Allgemeinheit absplittern und auf das tote Geleise des Abstellbahnhofs geschoben werden." Fußnote46
Um dieser Entwicklung vorzubeugen, wurden Kompositionswettbewerbe veranstaltet. Und während in Deutschland erst 1935 das Saxophonregister im Luftwaffenmusikkorps eingeführt wurde, im zivilen Bereich hielt es erst nach dem 2. Weltkrieg Einzug, so fordert ein internationales Preisausschreiben des Eidgenössischen Musikverbandes in der Süddeutschen Musikerzeitung bereits 1929: "Ferner ist darauf zu achten, daß auch das Register des Saxophons genau nach seiner großen Bedeutung möglichst selbständig (nicht bloß durch Verdoppelung von Blechblasinstrumenten) berücksichtigt wird." Fußnote47
Dabei wurden die Kompositionen in verschiedene Schwierigkeitsklassen eingeteilt, von denen die Klassen I - II Kompositionen für Harmoniemusik oder Blechmusik 20 bis 24 stimmig und die Klassen III - V Kompositionen für Blechmusikbesetzung 13 stimmig sein sollten. Genau hier griffen auch die Kritiker der Wettbewerbe an. Die Komponisten würden zu sehr reglementiert werden, ihre Werke müßten so geschrieben sein, daß sie auch in kleiner Besetzung ausführbar waren und nicht zuletzt hätten sie solch geringe Geldpreise zu erwarten, daß allein das Schreiben der Noten unterbezahlt wäre. Fußnote48
Allein der Besetzung der Kapellen verdient nun aber besondere Beachtung geschenkt zu werden. Während heute beinahe jede Kapelle Holz- und Blechblasinstrumente besitzt und sich ausschließlich auf Blasmusik konzentriert bzw. beschränkt, waren in der Zwischenkriegszeit oft Blas- und Streichinstrumente beiderseits vorhanden, und des Sommers wurde Blasmusik gemacht, im Winter Streichmusik. Dies kommt auch in einer Anzeige eines Musikverlages zum Ausdruck, der "Unsere großen Schlager für Sommer- und Militärkapel1en" Fußnote49 anpreist.
Vgl. dazu folgendes Konzertprogramm und die Mitgliederliste:
Begrüßungs-Abend am Samstag, den 6. August 1927, abends 8 Uhr im großen Saale der Festhalle FEST-KONZERT ausgeführt von dem gesamten Orchester des Musikvereins Harmonie Karlsruhe unter gütiger Mitwirkung von Fräulein Opernsängerin Prof. Lotte Bürck-Sarenno von der Scala-Opera in Mailand, Frau Emma Lorenz, Pianistin und Herrn Christian Lorenz, Karlsruhe Leitung: Herr Hugo Rudolph 1. Teil: Sinfonie-Orchester
2. Teil: Harmonie-Orchester
(Odeon-Haus) |
Mitglieder d. Tuttlinger Stadtkapelle 1928 Eichler Otto, Stadtkapellmeister | |
Schönlen Georg, jun. Setzgus Eugen Ilzler Emil Schönlen Georg, sen. Eichler Otto, jun. Setzgus Albert Grettenberger Ernst Schaer August Schäfer Karl Seez Erwin Braun Alfred Haug Georg Lotter Eduard Farischon Karl Maier Heinrich Faitsch Willy Vosseler Erwin Storz Julius Gütinger Alfred Haisch Walter Kohlmaier Franz Hertner Willy Renz Willy Auer Josef Traber Hugo Hauser Wilhelm Eichler Arno Kohler Paul Rigoni Josef Nädele Max Strobel Josef Weinmann Max Wolf Hermann Kohler Albert Braun Fritz Hauser Heinrich Schupp Willy Schönlen Ernst Farischon Xaver Glaser Willy Walz Fritz |
I. Flöte, Klavier II. Flöte Oboe Es-Klarinette, Flöte I. B-Klarinette, Violine I. und Klavier I. B-Klarinette, Violine I. und Viola I. B-Klarinette I. B-Klarinette, Viola I. und Fagott II. B-Klarinette, Viola II. B-Klarinette III. B-Klarinette, Violine II. I. Fagott und Lyra II. Fagott und Chinellen I. Flügelhorn, Trompete I. I. Flügelhorn, Streichbaß II. Flügelhorn II. Flügelhorn, Violine II. I. Trompete, Violine I. II. Trompete, Violine II. II. Trompete, Klavier III. Trompete in Es I. Baßtrompete, Violine obligat. II. Baßtrompete I. Waldhorn, Violine I. und Viola II. Waldhorn III. Waldhorn IV. Waldhorn, Cello und Klavier I. Tenorhorn, Posaune I. Tenorhorn, Posaune und Violine II. Bariton und Tenorhorn I. Posaune II. Posaune III. Posaune (Baßposaune), Violine II. I. Baß, Cello I. Baß II. Baß, Streichbaß II. Baß Tambour petit Tambour grand Pauken (Schellenbaumträger) Orchester-Diener |
Aus Laupheim, "um nur einen Bericht des Dirigenten aus der Generalversammlung des Jahres 1929 zu zitieren, erfahren wir, daß in diesem Jahr 104 Blasmusikund 34 Streichmusikproben stattfanden." Fußnote50 Aber nicht nur große Stadtkapellen hatten beide Besetzungsformen, auch in kleineren Kapellen ist dies festzustellen. So u.a. in Aalen, Karlsruhe, Murrhardt, Neuffen, Tuttlingen, Wasseralfingen und Welzheim, wo in der Chronik über die Zwischenkriegszeit zu lesen ist: "Neben dem Blasorchester entstand noch ein Streichorchester." Fußnote51
Praktische Tips für solch einen Ausbau lieferte die SMZ, denn "Blech- und Harmoniebesetzung eignet sich bekanntlich nur für die Sommermonate bei Gartenkonzerten, Platzmusiken im Freien usw." Fußnote52
Die allgemeine Entwicklung ging jedoch dahin, daß sich die Blasmusik behauptete "und so wurde entschieden, daß neben den Streichinstrumenten auch noch durch Aufbringen des notwendigen Geldes Blechblasinstrumente beschafft werden sollen."Fußnote53 (Inwieweit dabei die Einführung und Verbreitung der Medien Radio und Schallplatte Einfluß hatte auf ein "Ausweichen" auf die Blasmusik, bleibt noch zu untersuchen.)
Innerhalb der Blasmusik kristallisierte sich jedoch aus den verschiedenen kleineren Blechbesetzungen immer mehr die Harmoniebesetzung heraus. So lieferte der Neue Münchner Musikverlag seine Werke noch in verschiedenen Besetzungsformen und unterscheidet:
A | Bayerische Blechmusik: |
Hoch-B-Trompete, Flügelhorn B, Trompete Es I* und II (auch in B lieferbar), Baßtrompete B I und II (hoch und tief geschrieben), Althorn B, Posaune* oder Baryton*, Bombardon | |
B | Norddeutsche Blechmusik: |
Piston Es (Cornet Es piccolo), Piston B I und II, Trompete B I* und II*, Corni Es (Cornets Es alto), Tenorhorn B I, II und III*, Posaune* (Baryton*, Euphonium*), Baß | |
C | Harmoniemusik: |
Zu obigen Blechstimmen sind vorhanden: Flauto* und Piccolo* Des, Clarinetto Es und Clarinetto B I und II* Schlagzeug, Posaune I* und II*, Baß I* |
Doch ist nun um das Jahr 1930 in vielen Chroniken zu lesen: "Ab August 1927 (...) hatte sich die Kapelle auf 16 Mann verstärkt und es wurden Holzinstrumente beschafft." Fußnote55
,,Unter dem Eindruck der drei deutschen Kriege zwischen 1860 und 1870 entwickelte sich die Militärmusik immer mehr, die Holzblasinstrumente verschwanden, eine Entwicklung, der erst 1928 in unserer Gemeinde Einhalt geboten werden konnte." Fußnote56
"Das Jahr 1931 brachte einschneidende Maßnahmen in musikalischer Hinsicht durch die Umstellung von der Kavalleriemusik auf die Infanterie- oder Harmoniemusik." Fußnote57
Voraussetzung für diese verstärkte Einführung der Holzblasinstrumente war u.a. der Anstieg der durchschnittlichen Mitgliederzahl.
Wie auf zahlreichen Photographien und Chroniken zu ersehen ist, liegt die durchschnittliche Musikerzahl vor dem 1. Weltkrieg bei 10 - 12.
Und während 1925 die durchschnittliche Kapellenstärke noch folgendermaßen aussieht:
1. Kleine Landkapelle 7-12 Musiker
2. Mittlere Stadtkapelle 9-18 Musiker (zum vergl. Streichorchester 18-32 M.)
3. Kapelle der Großstadt 25-40 Musiker (Infanteriekapelle) Fußnote58
erhöht sie sich nun auf ca. 21 Musiker, wie folgende Quartierliste aus dem Jahre 1927 belegt. Fußnote59.
Dadurch besteht die Möglichkeit, zum Grundgerüst der Blechinstrumente ergänzend Holzblasinstrumente zu besetzen. Heute liegt die durchschnittliche Kapellenstärke, der Statistik von Trossingen zufolge, bei 37 Musiker.
Standquartiere der Musiker Die Zahlen bedeuten die Besuchsstärke, die in Klammern die Normalstärke der Kapellen | ||
Altshausen, Musikverein Aulendorf, Musikverein Baindt, Musikverein Bellamont, Musikverein Biberach, Stadtmusik Birkendorf, Musikverein Buchau, Stadtkapelle Dietenheim, Musikkapelle Ebenweiler, Musikverein Eberhardzell, Musikverein Ebersbach, Musikverein Fischbach, Musikverein Friedberg, Musikkapelle Friedrichshafen, Stadtkapelle Götzis, "Cäcilia", Musikverein Hagnau, Musikverein Haisterkirch, Musikverein Hohentengen, Musikverein Holzkirch, Musikverein Illereichen-Altenstadt, Musikgesellschaft Laupertshausen, Musikkapelle Laupheim, Stadtkapelle Leutkirch, Stadtkapelle Marbach, Musikkapelle Mengen, Musikverein Mietingen, Musikverein Mochenwangen, Musikverein Moosheim-Tissen, Musikkapelle Niederwangen, Musikverein Ober-Unterdettingen, Musikkapelle Ostrach-Jettkofen, Musikverein Pfullendorf, Stadtmusik Reute b. Biberach, Musikverein Ringschnait, Musikverein Rulfingen, Musikkapelle Schussenried, Musikverein Ummendorf, Musikverein Waldsee, Musikverein, Stadtkapelle Weißenau, "Sternberg", Musikverein Wilhelmsdorf, Musikkapelle Wilhelmskirch, Musikverein Winterstettenstadt, Musikverein Zutzdorf, Musikverein |
23 20 17 13 (15) 30 21 20 20 (21) 18 17 (22) 18 (19) 20 18 32 30 20 17 19 16 14 12 (14) 23 25 22 (26) 30 14 23 22 22 19 (21) 20 33 13 (15) 24 20 28 25 22 (24) 24 16 17 24 17 (20) |
Hirsch Paradies Löwen Kaiserhof Krone Mohren Buck Lamm Bach Bürgerstüble Mohren Lamm Traube Dreikönig Hasen Ochsen Linde Linde Traube Bach Rößle Württ. Hof Ochsen Hasen Ochsen Buck Buck Sonne Krone Sonne Adler Paradies Württ. Hof Bären Schiff Sternen Dreikönig Krone Adler Bierhalle Löwen Hasen Württ. Hof |
Durch diese Ausweitung der klanglichen Möglichkeiten wurde die Blasmusik interessanter und abwechslungsvoller. So gewann sie rasch an Beliebtheit und 1934 ist zu lesen: "Keine der vielen Instrumentalgattungen hat in den letzten Jahren in Deutschland soviel Popularität errungen wie die Blasmusik." Fußnote60
Dies "veranlaßt die Besitzer von Gartenlokalen für die Nachmittage und Abende Blasorchester zu gewinnen. (...) Beginn um 16 Uhr, Ende 23 Uhr." Fußnote61 Allerdings gab es auch Leute, die sich für solche musikalischen Darbietungen nicht begeistern konnten, insbesondere Nachbarn und Anwohner derartiger Gartenlokale, daß sie sogar bis vor Gericht gingen.
Aus solch einem Gerichtsprozeß erfahren wir einiges über die damalige Musizierpraxis: "Jeden Tag zweimal konzertierte die 6 Mann starke Hauskapelle außerdem dreimal wöchentlich eine ca. 20 Mann starke Militärkapelle mit Pauken und Trompeten. Derartige massenmusikalische Darbietungen seien nicht auszuhalten, zumal sie auch bis in die Nacht hinein (11 Uhr) dauerten. Fußnote62
Wie solch ein Mammutkonzert ausgesehen haben mag, denn "die Konzerte bedingen oft schon durch ihre Dauer (z.T. 3 - 7 Stunden) ein 'gemischtes' und damit in seinem Werte unterschiedliches Programm", Fußnote63 möge folgendes Programm veranschaulichen:
Programm SONNTAG, DEN 21. JULI 1924 KONZERT Vom Musikkorps der Kommandantur Berlin Leitung: Herr Musikmeister Frd. Ahlers
|
Wobei wir nun aber die Ansprüche, die an solch ein Konzert gestellt wurden, genauer beachten müssen:
"Musikalisch gesehen sind diese Veranstaltungen in der Regel Konzerte unterhaltender Art, bedingt durch die örtlichen Verhältnisse und die begrenzte Aufnahmebereitschaft der Besucher. Die Konzerte wollen und dürfen daher nicht vom rein musikalisch-kulturellen Standpunkt gewertet werden. (...) Es bedarf eines hohen Verantwortungsbewußtseins und einer umfassenden musikalischen Allgemeinbildung, um hier durch geschickte Auswahl auch anspruchsvoller Werke das Musikverständnis der aus allen Bevölkerungskreisen gebildeten Besucherschaft zu fördern. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet kommt diesen Konzerten durchaus ernsthafte musikerzieherische Bedeutung zu." Fußnote64
Unter diesem Gesichtspunkt wird verständlich, wenn von Boris Blacher der Anspruch an die originalen Kompositionen für Blasorchester folgendermaßen formuliert wird:
"In den hervorragenden Klangeigenschaften des Blasorchesters im Freien liegt zugleich die Problematik der Originalkompositionen für diese Besetzung. Der Komponist, der nicht eine Konzert- oder Theatermusik schreibt, wendet sich an eine viel breitere, ganz anders zusammengesetzte Hörerschicht; daraus ergibt sich für den Stil die ganz bestimmte Forderung, daß eine solche Komposition - von Musiken für besondere Zwecke der Feiergestaltung usw. abgesehen - vorwiegend unterhaltenden Charakter aufweisen muß: gemeint sind mit diesem Begriff nicht gleich Märsche, Walzer, ,Charakterstücke' oder Intermezzi, sondern ich denke hier an Serenaden oder Divertimenti etwa aus der Haydn-Mozart Zeit." Fußnote65
Nun begann man originale Kompositionen für Blasorchester zu fordern. Bezeichnend für die damalige Einstellung ist etwa folgende Äußerung in einer Kritik über ein Blas-Sinfoniekonzert der Luftwaffe am 24. Februar 1937 in der Philharmonie Berlin, bei dem Originalkompositionen sowie Bearbeitungen zur Aufführung kamen: "dennoch bleibt der Wunsch nach einem Repertoire für Blasmusik, das hoffentlich in Kürze völligen Verzicht auf jegliche im Zeitalter der Schallplatte und des Rundfunks überflüssige ,Bearbeitung' gestattet. Fußnote66
Wurde auch schon vorher vereinzelt "konzerthafte Laienkomposition für Blasmusik" Fußnote67 gefordert, so bildeten die 30er Jahre doch nun ein wahres Podium, auf dem die Diskussionen über Bearbeitung und Original, sowie Form und Anspruch an diese originalen Werke ausgetragen wurden. Während die Gegner der Blasmusik diese, unter anderem aufgrund der Bearbeitungen ablehnten, und auch ein Verfechter der Blasmusik meinte, "es wäre nur zu begrüßen, wenn auch hier einmal ausgesprochener Schund verboten werden würde. Zusammengestückelte Potpourris, aus Fetzen bestehend, sind als stilwidrig abzutun." Fußnote68 so anerkannte er doch gute Bearbeitungen und begründete dies damit, daß erstens große Meister gute Bearbeitungen anerkannten bzw. selbst darum gebeten haben, so z.B. Franz Liszt im Brief an Wilhelm Wieprecht vom 18. Juli 1856:
"Bei meinem letzten Berliner Aufenthalt waren sie nämlich so freundlich, mir zu sagen, daß die sinfonische Dichtung ,Tasso' sich für Militärmusik von Ihnen gesetzt nicht übel ausnehmen würde und erklärten sich mit Ihrem bekannten Bethätigungsschwung bereit, die Arbeit der Instrumentation zu vollbringen. Gestatten Sie mir heute, Ihr gütiges Anerbieten nur zur Hälfte in Anspruch zu nehmen und Sie zu bitten, von diesem sehr langen Stücke 42 Seiten Partitur wegzulassen und ihr Arrangement so einzurichten, daß nach dem letzten Takt der Seite 5 gleich zu dem 2. Takt der Seite 47 (Lento assai) gegangen und dadurch das ,Lamento' dem Tasso wie auch dem Publikum verkürzt wird. (...) Entschuldigen Sie bester, lieber Freund, daß ich so zudringlich wurde, und ersehen Sie darin nur die Freude, die mir die Gewährung Ihres Versprechens machen wird." Fußnote69
Desgleichen hat z.B. Richard Strauss "Tod und Verklärung" in Barcelona in einer solchen Bearbeitung mit 100 Bläsern vor 10 000 Zuhörern "persönlich aufgeführt" Fußnote70
Zweitens vergleicht Kandler die Musik mit der Literatur, in der keiner Anstoß an Übersetzungen nimmt, "denn das ist jedem klar, daß Shakespeare übersetzt, künstlerisch mehr bietet, als etwa ein Revolver-Roman im deutschen Original." Fußnote71
Auch Winter verteidigt die Bearbeitungen, denn "das Verdienstvolle an diesen Arbeiten ist, daß auf diesem Wege weiteste Kreise mit musikalisch bedeutenden Werken (R. Strauss, Grieg, Resphigi u.a.) - allerdings in der Bearbeitung - bekannt werden, die sonst kaum Gelegenheit hätten, diese Komponisten kennenzulernen." Fußnote72
Daß diese Behauptung ihre Berechtigung hat, mögen einerseits folgende Programme der Musikfeste belegen, andererseits die Tatsache, "daß bei einer Konzertreise von 5 Stabmusikkorps im Herbst 1936 durch den Gau Hessen-Nassau in 14 Tagen 82 Konzerte gegeben wurden, sei als Beweis für die Breitenwirkung der Militärmusik kurz erwähnt" Fußnote73
Bezirksmusikfest des Bez. 12 des Süddeutschen Musikerverbandes
Tuttlingen 1928 Preiswettspiel-Ordnung am Sonntag, den 8. Juli in der Turn- und Festhalle Beginn punkt 7.30 Uhr morgens | |||
Beginn | Name der Kapelle | Stärke(Mann) | Dirigent |
7.30 | Unterstufe
Andelfingen OA. Riedlingen Jubiläums-Ouvertüre v. Dörle |
16 | Sauter Kaspar |
7.40 | Rietheim OA. Tuttlingen
Ouvertüre "Die Gärtnerin aus Liebe" v.Mozart |
14 | Biedermann K. |
7.50 | Randen (Baden) Ouvertüre z. Op. "Regina" v. Rossini |
12 | Josef W. |
8.00 | Mittelstufe
Lauchertal (Hohenzollern) Fest-Ouvertüre v. H. Silwedel |
17 | Gelle Paul |
8.25 |
Schiltach (Baden) Ouvertüre "Nürnberger Puppe" v. Adam |
21 | Bielefeld E |
8.40 | Krauchenwies Ouvertüre z. Op. "Norma" v. Bellini |
18 | Bischoff A. |
8.55 | Mühlheim a.D. Ouvertüre "Dichter und Bauer" v. Suppé |
30 | Scholz Otto |
9.10 | Wurmlingen
Ouvertüre z. Op. "Myrtha" v. D. Müller |
18 | Biedermann K. |
9.25 | Stein a. Rh. (Schweiz) Ouvertüre z. kom. Oper " Schöne Anni" v. Henry Cooper |
25 | Naundorf P. |
9.40 | Oberstufe mit Wochenchor Trossingen Educator-Orchester d. Koch-Harmonikawerke (Aehnl. einem Streichquartett) Ases Tod aus Peer Gynt v. Ed. Grieg Wochenchor: Der Tod u. das Mädchen a. d. D-moll Streichquartett v. Fr. Schubert |
40 | Bohnet A. |
9.55 | Stetten a. D. Vorspiel und Siciliana aus "Cavalleria Rusticana" v. P. Mascagni Wochenchor: Waffentanz v. Alb. Neudel |
22 | Eichler O. jun. |
10.15 | Adliswil (Schweiz) Ouvertüre "Königin für einen Tag" v. Adam Wochenchor: Waffentanz v. Alb. Neudel |
41 | Lüthold E. |
10.35 | Kunststufe
Rottweil/Altstadt Ouvertüre z. Op. "Raymond" v. A. Thomas Stundenchor: Menuetto v. Fr. Schubert |
22 | Steinwandel J. |
10.55 | Trossingen
Ouvertüre, Meeresstille und glückliche Fahrt v. Mendelssohn Bartholdy Stundenchor: Menuetto v. Fr. Schubert |
38 | Glaß Ad. |
11.15 | Ehrenchor Ebingen Ouvert. "Römische Carneval" v. H. Berlioz ohne Bewertung |
30 | Strecker R. |
11.30 | Massenchor auf dem Podium in der Festhalle |
Lahr i.Br. 1931 PREISSPIEL Sonntag vorm. 7.30 Uhr in der Turnhalle der Aufbau-Oberrealschule Bemerkungen: Nicht rechtzeitig eintreffende Kapellen spielen am Schlusse ihrer Stufe. Während der Vorträge wird um größte Ruhe gebeten.
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Doch auch was die Form und Ansprüche an originale Kompositionen anging strebten die Meinungen auseinander.
"Das rhythmische Bild muß, um den echten Blascharakter zu wahren, straff gestaltet sein. Die ,Kantabilität' hat in diesem Klangapparat immer einen merkwürdigen Beigeschmack." Fußnote74 meint Blacher. Allerdings geht er bei diesen Überlegungen davon aus, daß Blasmusik nur im Freien gespielt wird. Er fordert deswegen weiter "eine Begrenzung der Satzstruktur nach dem Komplizierten hin: allzu kunstvolle Polyphonie kann unter Umständen völlig verwischt werden. (...) Ich glaube nicht, daß durch eine Anlehnung an den Stil des Symphonieorchesters die Blasmusik zu eigenen Kunstformen kommen wird." Fußnote75 Dem schließt sich auch Winter an, wenn er meint: "Eine auf alles rauschende Beiwerk verzichtende konzertante Behandlung gegensätzlicher Bläsergruppen, etwa ein "Concerto grosso"-Stil für Blaskammerorchester, wird den Klangeigentümlichkeiten der Blasinstrumente bestens gerecht werden."Fußnote76
"Das Blasorchester ist aber tatsächlich imstande, eine regelrechte Sinfonie mit etwas veränderter Farbgebung wiederzugeben." Fußnote77 Diese Meinung von Kandler vertritt bereits 1932 Theo Rüdiger und schlägt deshalb vor, neue symphonische Blasmusik durch Wettbewerbe mit Preisausschreiben für Komponisten interessant zu machen. Fußnote78
Nun wurde aber in den 30er Jahren die Blasmusik leider nicht nur für Komponisten interessant, sondern auch für die Propagandazwecke der politischen Machthaber.
"Es hat sich unsere Zeit aus dem plötzlich erwachenden Bewußtsein eigener Kraft heraus, aus der Aufgabe männlicher Gestaltung der Gegenwart in der soldatischen Haltung heraus die Blasmusik wieder neu erworben und hat ihr nicht nur das Leben, sondern in der ersten Form der Fanfare eine neue symbolische Tonsprache gegeben. (...) Es ist für uns eine neue und wunderbare Entdeckung, daß das ganze Volk das Singen als seinen ureigensten seelischen Ausdruck wieder begreifen gelernt hat. Der Weg zum Blasen ist von hier aus kein sehr weiter mehr." Fußnote79 Diese Einstellung zum Blasinstrument passte natürlich in die damals herrschende Ideologie der Nationalsozialisten. Die Auswirkungen zeigen sich 1940 in der Deckung der vakanten Stellen der Orchester. Es konnten besetzt werden: "nur 10 Prozent bei der Viola, 17 bei der Harfe, 27 beim Kontrabaß, 30 beim Cello, 34 bei der Geige, aber 77 bei der Oboe und 80 bei der Posaune, auch dies ein Hinweis auf die von militärischer Zielsetzung bedingte Forcierung der Blasinstrumente." Fußnote80
Kandler bezeichnet sogar die deutsche Militärmusik als eine der "Wegbereiterinnen des Dritten Reiches" Fußnote81
In Mosers Musiklexikon ist endlich zu lesen: "Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (...) erstreckt ihre Arbeit neben dem Führungsanspruch, den sie auf allen Gebieten der Musik geltend macht, auch auf die Schaffung eines regen Musiklebens innerhalb der Partei, insbesondere bei Parteifeiern." Fußnote82
Dieser Anspruch auf allen Gebieten der Musik galt natürlich auch für die zivilen Blaskapellen im Lande. Aus einer der wenigen erhaltenen Festschriften von 1933- 1945 sind dann auch diese Auswirkungen festgehalten: "Die mit der Machtübernahme durch Adolf Hitler in unserem Vaterlande einsetzenden Umwälzungen auf allen Gebieten des öffentlichen wie gesellschaftlichen Lebens brachten der Stadtmusik am 3. November 1933 die Neubildung des Vorstandskollegiums. Das Amt des 1. Vorstandes wurde von dem des Kapellmeisters getrennt (...) Am 7. November erfolgte der Eintritt der gesamten Stadtmusik in die SA-Reserve. (...) Die Stadtmusik war von nun an gleichzeitig Musikzug des Sturmes R 16/113 und ist am 14. Januar 1934 erstmals in der neuen SA-Uniform ausmarschiert" Fußnote83 Andere Kapellen ließen sich aber auch schon vorher vor diesen politischen Wagen spannen, so das Musikkorps der Freiwilligen Feuerwehr Baden-Baden schon 1930 für Aufmärsche und Versammlungen. Die Stadtkapelle Harmonie in Kehl-Sundheim begleitete die Silvesterfeier der NSDAP Ortsgruppe Kehl 1930 und zählte unter ihren Mitgliedern schon vor 1933 sieben Parteigenossen. Die Musikkapelle Mengen hatte vor 1933 gar 21 NSDAP-Mitglieder und musizierte seit 1931 in der ganzen Gegend für Parteizwecke. Fußnote84
Allerdings gab es auch Auswirkungen entgegengesetzter Art, die aber seltener waren, so z.B. in Notzingen: "Die politischen Ereignisse des Jahres 1933 wirkten sich auf den noch jungen Verein negativ aus. Innerhalb kurzer Zeit verließen 10 Mitglieder den Verein und die Vorstandschaft trat in der Maiversammlung zurück." Fußnote85 Doch wo solche Vorgänge auftauchten oder wo man sich der bedingungslosen Fügung nicht sicher war, geschah folgendes: "Ende des Jahres 1933 wurde Vorstand (...) durch den vom Ortsgruppenleiter der NSDAP kommisarisch ernannten Ehrenvorstand (...) abgelöst. Die nationalsozialistische Machtergreifung brachte auch dem Musikverein vorübergehend Hemmungen, Eingriffe und Erschwernisse." Fußnote86 Das Reservoir an Kapellen für politische Aktionen war ja vorhanden. "Nach einer Zählung von 1938/39 existierten im Großdeutschen Reich alles in allem 10 647 Volksmusikkapellen, davon rund zwei Drittel im ländischen Bereich. Von ihnen waren 11,1 Prozent Streich- und Sinfonieorchester, 58,7 Prozent Blaskapellen, 10,2 Prozent Handharmonikakapellen, ein Prozent Mundharmonikakapellen, 6,4 Prozent Bandoneonkapellen, 8,6 Prozent Mandolinenchöre, vier Prozent Zitherchöre." Fußnote87
Welche Auswirkungen hatte dies nun aber auf unsere Blasmusikverbände?
"Bereits am 5. Dezember 1933 kamen die Vertreter des Bundes Südwestdeutscher Musikvereine e.V. und die des Süddeutschen Musikerverbandes im Württembergischen Kultusministerium zusammen und beschlossen, beide Verbände der Reichsmusikkammer geschlossen zur Verfügung zu stellen. Dies erfolgte am 13. April 1934 in Berlin, wo 20 Bünde der Volksmusik und Instrumentalvereine dem Reichsverband für deutsche Volksmusik (...) beitraten. Die Zugehörigkeit zum Reichsverband bedeutete zugleich die mittelbare Mitgliedschaft zur Reichsmusikkammer und zur Reichskulturkammer, deren Präsident damals Richard Strauss war (§ 4 der Satzung). Noch blieben die einzelnen Verbände bis zur endgültigen Neuordnung bestehen." Fußnote88
Als jedoch im Januar 1935 der Südwesten in 23 Gaue eingeteilt wurde, hörten die Verbände auf zu existieren. Die Fachzeitung des Badischen Volksmusikverbandes, ebenso wie die Süddeutsche Musikerzeitung stellten ihr Erscheinen ein. An ihre Stelle trat ,,Die Volksmusik" (Wolfenbüttel 1936- 45), herausgegeben vom Reichsverband für Volksmusik für das ganze Deutschland. Diese Förderung der Blasmusik brachte nun auch einen größeren Bedarf an Musikern für die Wehrmachtskapellen mit sich. Die durchschnittliche Stärke der Kapellen erhöhte sich, und die Wehrmacht bezog nun ihren Nachwuchs von eigenen Militärmusikschulen, so z.B. von der Luftwaffenmusikschule in Sondershausen und der Heeresmusikschule in Frankfurt/Main.
"Basis dieser Ausbildung und der Konzertpraxis war die Blasmusik." Fußnote89 Im Gegensatz zu den zivilen Kapellen, die in der Besetzung überaus divergent waren, je nach Vorhandensein der Musiker, hatten die Musikkorps der Wehrmacht eine feste Besetzung, die selbstverständlich manchmal von der Sollstärke abwich, aber doch größtenteils erreicht wurde.
Einen wichtigen Punkt für die Entwicklung der Blasmusik bildete dabei die Luftwaffe. Sie profilierte sich mit einem typisch eigenen Stil sinfonischer Blasmusik. Ihr Musikinspizient Hans Felix Husadel führte 1935 das Saxophonregister ein sowie 1938/39 die hohen und tiefen Klarinetten, die Baßtrompete, Altposaune und die Baßventilposaune. Fußnote90
So ergab sich folgende Besetzung:
Instrumentenbesetzung der Luftwaffenmusik und Infanteriemusik | |||||||
Stärke der Musikkorps | |||||||
Luftwaffenmusik | Infanteriemusik | ||||||
Lfd. Nr. | Instrument | Stimmung | 30 Musiker | 40 Musiker | 54 Musiker | 27 Musiker | 37 Musiker |
1 | Kleine Flöte | C | 1 | 2 | 2 | 1 | 2 |
2 | Große Flöte | C | 1 | 2 | 2 | 1 | 2 |
3 | Oboe | C | 1 | 2 | 2 | 1 | 2 |
4 | Englisch Horn | F | 1 | 1 | 1 | | |
5 | Klarinette | As | | 1 | 1 | | |
6 | Klarinette | Es | 1 | 1 | 2 | 1 | 1 |
7 | Klarinette | B | 6 | 6 | 9 | 4 | 8 |
8 | Alt-Klarinette | Es | 1 | 2 | 4 | | |
9 | Baß-Klarinette | B | 1 | 1 | 1 | | |
10 | Kontra-Baß-Klarinette | B | | | 1 | | |
11 | Fagott | B | | | | 1 | 2 |
12 | Sopran-Saxophon | B | | 1 | 2 | | |
13 | Alt-Saxophon | Es | 2 | 2 | 2 | | |
14 | Tenor-Saxophon | B | 1 | 1 | 1 | | |
15 | Bariton-Saxophon | Es | | | 1 | | |
16 | Sopranino | Es | | 1 | 1 | | |
17 | Sopran-Kornett (beim Heere Flügelhorn genannt) |
B | 2 | 2 | 2 | 2 | 2 |
18 | Trompete | B | 2 | 3 | 3 | 2 | 2 |
19 | Trompete | Es | | | | 1 | 2 |
20 | Baß-Trompete | C | | 1 | 1 | | |
21 | Waldhorn | B | 2 | 2 | 2 | | |
22 | Waldhorn | F | 1 | 1 | 2 | 3 | 4 |
23 | Tenor-Tuba | B | 2 | 2 | 2 | 2 | 2 |
24 | Bariton-Tuba | B | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 |
25 | Baß-Tuba | Es | 1 | 1 | 2 | 1 | 2 |
26 | Baß-Tuba | B | 1 | 2 | 3 | 2 | 2 |
27 | Helikon (nur für Marschmusik anstelle der Tuben) |
B | | 2 | 2 | 1 | 2 |
28 | Alt-Posaune (Zugposaune) | Es | | | 1 | | |
29 | Tenor-Zugposaune | B | 2 | 2 | 2 | 3 | 3 |
30 | Baß-Ventil-Posaune | F | | 1 | 1 | | |
31 | Glockenspiel (Lyra) | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | |
32 | Kleine Trommel | 1 | 1 | 2 | 1 | 1 | |
33 | Große Trommel | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | |
34 | Becken (Paar) | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | |
35 | Pauken (Paar) | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | |
36 | Schellenbaum | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 |
Komponist | Titel | Verlag |
Herbert Brust | "Neukuhrener Bläserspiel" | Ries & Erler |
Erwin Dressel | "Scherzo" | Ries & Erler |
Hermann Heiß | "Festliches Konzert" | Vieweg |
Paul Höffer | "Fliegermorgen" | Kistner & Siegel |
Harald Genzmer | "Fliegermusik in 3 Sätzen" | Kistner & Siegel |
Felix Raabe | "Festmusik" | A. Parrhysius |
Bruno Stürmer | "Freier Flug" | B. Schotts Söhne |
Eberhard L. Wittmer | "Sinfonische Musik" | B. Schotts Söhne |
Jahr | Komponist | Titel | Verlag |
1941 |
Otto Meyer |
"Über den Wolken" Ouvertüre über "h-f-h-a-d" (Hans-Felix Husadel gewidmet) |
Wilke & Co
|
1941 | Hermann Grabner | "I bin Soldat, valera" Var. op. 54 | Kistner & Siegel |
1942 | Bruno Stürmer | "Ernste Musik" | B. Schotts Söhne |
Ebenso fehlen in Ernst Peppings Werkverzeichnis die "Serenade für Militärmusik" Fußnote96 und bei Hans Gál die "Promenadenmusik für Militärorchester" Fußnote97
Sei es nun, daß die Komponisten sich nicht als Zugpferd der nationalsozialistischen Ideologie sehen wollten oder, im Falle Pegging, Gal - diese Werke stellten Auftragskompositionen der Donaueschinger Musiktage 1926 dar - daß sie sich lediglich von der Laienmusikbewegung distanzieren wollten. Denn die durch diese Laienmusik "entstehende Anspruchslosigkeit des Spielers, dessen technische Fähigkeiten und Wissen von der Musik immer geringer wurden, und die Entwertung des Begriffs Kunst trennten bald die meisten Komponisten von der ,musischen Bewegung'" Fußnote98
"Die Komponisten dieser Musik waren jung. Ihre heutigen Äußerungen distanzieren sich häufig von dieser Musik und geben nicht unbedingt ihre damaligen Auffassungen wieder." Fußnote99 So antwortete z.B. Pepping auf den Kompositionsauftrag (den der Musikausschuß wie folgt begründet: "Brachte unser letztjähriges Fest eine Auseinandersetzung mit dem Chorproblem, so wollen wir doch die Aufführung von Originalkompositionen für Blasorchester (Militärmusikbesetzung) anregen zur Produktion von Gebrauchsmusik für Blasorchester. Was an neuer Militärmusik vorhanden ist, ist Bearbeitung, .." Fußnote100 in einem Brief vom 24. März 1926:
"Ich bitte Sie, mir häufiger so ausgezeichnete Vorschläge zu machen. Für Ihre Anregung bin ich Ihnen sehr dankbar und werde im Laufe des nächsten Monats eine oder mehrere Kleinigkeiten für Militärorchester schicken." Fußnote101
Ebenso äußerte sich Krenek am 30.6.1926: "Ich bin gerne bereit, für Ihre Militärmusik etwas zu schreiben, das macht mir viel Spass." Fußnote102 Er steuerte 3 Märsche für Militärorchester op. 44 bei. Desweiteren Ernst Toch am 28.3.1926: "Bei der Unterhaltungsmusik für Militärorchester würde ich eventuell recht gerne mitmachen." Fußnote103 Und Hans Gál am 12.4.1926: "Natürlich interessiert mich das! Sie werden bestimmt in 6 Wochen ein Stück der verlangten Art von mir haben. Ich muß bloss beanspruchen, dass Sie's dann auch bestimmt ins Festprogramm aufnehmen." Fußnote104 Über die Arbeit von Paul Dessau "Endlich ist nun die ,Militärische Partitur' sozusagen fertig. (. .. ) Ich bin sehr dankbar für die Anregung zu dieser Gattung. Es hat mich viel weiter gebracht. (...) Es ist das erste Werk, das ich für die Besetzung schrieb." Fußnote105 und Felix Petyrek "Nun kann ich auch der Frage der Militärmusik näher treten. Ich bin gerne bereit, etwas zu versuchen." Fußnote106 läßt sich leider nichts feststellen, weder über deren Verbleib noch über eine erfolgte Aufführung.
Den Auftrag abgelehnt hatten Alexander Tscherepnin "wegen Arbeitsüberlastung" Fußnote107 sowie Erwin Schulhoff im Brief vom 25.3.1926: "Militärmusik liegt mir keinesfalls und unter keinen Umständen in der vorgeschriebenen Besetzung." Fußnote108
So kamen am 24.7.1926 um 21 Uhr, dem Begrüßungsabend der Musiktage, folgende Werke zur Aufführung, vorgetragen von der Kapelle des Ausbildungsbataillons Infant. Regt. 14, Donaueschingen:
Kommen wir aber nun auf die Auftragswerke des RLM zurück. Einhergehend mit der Erneuerung des Blasmusikrepertoires ging die Forderung, den Dirigenten angemessene Stimmen, d.h. Partituren zur Hand zu geben.
Waren es vorher oft nur mit Stichnoten versehene Einzelstimmen oder Particelle, größtenteils in B-Stimmung, so wollte man nun eine Vereinheitlichung zugunsten der Partitur. Dabei war wieder Hans-Felix Husadel derjenige, der eine Einheitspartitur in C forderte, d.h. alle Stimmen sind klingend notiert. Dem schloß sich Gerhart Winter an: "Vor allem auch die rund 7 500 Dirigenten der zivilen (meist Laien-) Blaskapellen werden die Vorzüge der C-Partitur daher sehr zu schätzen wissen." Fußnote109 während Heinz Brandes die Normalpartitur vorzog. Fußnote110
So erschienen nun auch die meisten Auftragswerke des RLM in der C-Partitur, während die Werke aus der Reihe:
"Frisch geblasen" - Blasmusik aus alter und neuer Zeit; herausgegeben im Auftrag des Reichsverbandes für Volksmusik, Fachverband der Reichsmusikkammer, von Heinz Brandes -
in der Normalpartitur herausgegeben wurden.
Im Vorwort zur Sinfonietta op. 49 von Erwin Dressel ist z.B. zu lesen: "Die Partitur ist als C-Partitur, unter ausschließlicher Verwendung des Violin- und Baßschlüssels, geschrieben; sie gibt also das getreue Klangbild - wie in einer Klavierstimme - wieder. Damit entfällt für den Dirigenten das Transponieren der sonst für nicht in C stehenden Instrumente üblichen Notierung. Diese Vereinfachung möge mit dazu beitragen, dem Werke auch in den Kreisen der Laien-Blaskapellen Eingang zu verschaffen."
Nun sei noch einmal einer der Hauptpunkte in der Entwicklung der Blasmusik zwischen den Weltkriegen angesprochen. Wenn Kandler noch meint, "daß die orchestrale Blasmusik vorwiegend von den Musikkorps der Armee geprägt worden ist, wie ja auch die Bezeichnung Militärmusik zum Gattungsbegriff wurde und man ihn benutzt, auch wenn zivile Musiker sich entsprechend betätigen" Fußnote111 so kann man doch in der Zwischenkriegszeit die Schaffung von Grundlagen für die Umwälzung der Blasmusik auf die zivilen Kapellen beobachten. Dies zeigt sich auch darin, daß sich nach dem 2. Weltkrieg überall die zivilen Blaskapellen sofort wieder formierten und viele Neugründungen hinzukamen Auch kann man sagen, daß heute die Entwicklung der Blasmusik weitgehendst von den zivilen Kapellen bestimmt wird.
Ein weiteres Zeichen für diesen Umwandlungsprozeß stellt das Aufkommen von Uniformen für die Zivilmusiker dar.
So heißt es im Ratsprotokoll der Stadt Bad Wurzach vom 12. April 1928: "für die Mitglieder der hiesigen Stadtkapelle wurde in letzter Zeit eine neue einheitliche Uniform angeschafft, was einen Aufwand von 550 Mark verursachte und bittet der Musikverein um einen Beitrag hierzu seitens der Stadtgemeinde. Wie sich schon bei dem letzten Musikfest dahier gezeigt hat, hatten sehr viele Musikkapellen zum Teil eine vollständige Uniform, zum Teil sonstige gleichmäßige Kleidung und es hat sich auch sehr schön ausgenommen, wie die hiesige Stadtkapelle am Ostersonntag in der neuen Uniform zum Platzkonzert aufmarschiert ist und ist diese auch bei anderen Veranlassungen zeitgemäß und erscheint das Gesuch daher auch begründet daher Beschluß: Der Stadtkapelle einen Beitrag von 100 Mark aus der Stadtkasse zu bewilligen" Fußnote112
Meint man auch gelegentlich, daß diese Uniformen den Kapellen von oben aufdiktiert wurden, so trifft dies nur bedingt zu. Denn wäre dies ausschließlich auf äußere Diktion zurückzuführen, so würde dem erstens wiedersprechen, daß nach dem 2. Weltkrieg die Uniformen, natürlich in anderer Art, beibehalten wurden und zweitens wurde bereits 1928 eine Klage vor Gericht verhandelt, ob Zivilkapellen in Uniform spielen dürfen. Der Sachverständige sprach sich dagegen aus "und betrachtet das Auf treten in dieser Uniform somit als unlauteren Wettbewerb." Fußnote113
In der 2. Hälfte der 20er Jahre treten nun auch die ersten Anzeichen von Uniformherstellern in der SMZ auf. Waren es vorher nur Feuerwehrkapellen, so übernahmen nun auch die andern verstärkt einheitliche Uniformen. Man kann der Blasmusik, "die bekanntlich aus der Militärmusik hervorgegangen ist" Fußnote114 nur wünschen, daß sie ihr "fragwürdiges Image" Fußnote115 der Hitler-Zeit nicht hindert, neben ihrer sozialen Funktion als Verein im Kulturleben der Gemeinde zu einer eigenen ernstzunehmenden Musikgattung zu gelangen.
Balingen | 28.-30.5.27 | Pfullingen | 15.-17.6.29 |
Bad Dürrheim | 22.-24.5.26 | Saulgau | 09.-ll.7.27 |
Endingen | 21.-23.8.26 | Schönau i.W. | 15.7.23 |
Esslingen | 13.-15.7.29 | Seebronn | 06.-08.7.29 |
Feuerbach | 28.-29.6.24 | Steinach i.R. | 23.5.26 |
Glottertal | 11 .-13.5.29 | Stuttgart | 08.-l0.7.22 |
Göttelfingen | 27.-29.5.28 | Sulzbach | 02.-04.6.28 |
Gutach i.Br. | ll.-12.6.32 | Tailfingen | 06.-08.8.27 |
Horb | 30.6.-2.7.28 | Triberg | 27.-28.6.25 |
Kandern | 15.-17.5.26 | Triberg | 27.-29.6.31 |
Karlsruhe i.Br. | 06.-08.8.27 | Tuttlingen | 07.-09.7.28 |
Lahr i.Br. | ll.-13.7.31 | Untersimonswald | 09.-ll.6.29 |
Neresheim | 22.6.29 | Waldkirch | 24.-27.7.36 |
Neuffen | 06.-08.7.29 |
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